„Netzwerk Ess-Störungen im Ostalbkreis“ und AOK schaffen integrierte Versorgung

Patienten helfen und Geld sparen

AALEN Ess-Störung. Die Krankheit werde öffentlich wenig diskutiert, oft zu spät oder nicht richtig erkannt. Betroffene und ihre Familien fühlten sich hilflos, geraten ins Abseits. So beschreibt Dr. Christopher Hermann, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg die Ausgangslage. Keine oder falsche Behandlung, fehlende Hilfsangebote nach Krankenhausaufenthalten führten zum „Drehtüreffekt“ – die (überwiegend jungen, weiblichen) Patienten müssten wieder und wieder stationär aufgenommen werden. Neben hohen Kosten (rund 20 000 Euro pro Jahr), die das verursacht, drohe die Krankheit damit chronisch zu werden.

Ein Zustand, wie ihn Dr. Ullrich Brickwedde vor etwa sechs Jahren im Ostalbkreis beobachtet hat. „Die Beratungsstellen liefen über. Eine Weitervermittlung war wegen der langen Wartezeiten bei den Fachärzten nicht möglich.“ Abhilfe war dringend nötig und deshalb wurde tatkräftig an den Maschen eines Netzes geknüpft, zu dem mittlerweile die Psychosozialen Beratungsstellen der Caritas in Aalen und Gmünd, zahlreiche Haus- und Nervenärzte, die Psychotherapeuten, die Klinik für Psychosomatik und die Kinderklinik in Aalen, die Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie in Ellwangen, die psychiatrischen Tageskliniken in Aalen und Gmünd und der Suchtbeauftragte des Ostalbkreises gehören. Bislang letzter Knoten in diesem Netz ist nun die AOK Baden-Württemberg, mit der ein landesweit einmaliger Vertrag unter dem anspruchsvollen Stichwort „integrierte Versorgung“ geschlossen wurde. Dazu haben Netzwerk und Kasse einen Gesamtbehandlungsplan erarbeitet, der die Behandlung definiert, Schnittstellen festlegt und bis hin zur Therapieforschung eine Kooperation sichert. „Den Patienten kann früher und wirkungsvoller geholfen werden. Auch der Hausarzt kann als „Arzt des Vertrauens“ eingebunden werden“, erklärt Dr. Martin von Wachter zum Modell, das hauptsächlich auf ambulante Behandlung mit regelmäßigen Fallkonferenzen setzt.

„Ein solches Modell gibt es landesweit nirgends“, unterstreicht Suchtbeauftragter Berthold Weiß und hat erfahren, dass Stuttgarter Expertinnen die Ostalb deshalb schon heute beneiden. Geschäftsführer Till H. Klein hofft, dass mit dem Netzwerk vielen Patienten geholfen werden kann und versichert: „Die Arbeit am Vertrag hat schon deshalb Spaß gemacht.“ Kontakt zum Netzwerk erhält man über die Psychosozialen Beratungsstellen der Caritas Aalen (07361) 59060 und Schwäbisch Gmünd (07171) 1042020 oder die AOK  Ostalb (07361) 584177.

Anke Schwörer-Haag

© Schwäbische Post 30.3.2007